Aus Bad Liebenzell fuhren Ina Roy und Hans-Georg Vrecko und aus Mosbach die Ärzte Blaise Bisabwa, Ralf Krych und der Vorsitzende Günter Seibold mitten in der Nacht nach Frankfurt. Nach zehnstündigem Flug landeten wir pünktlich in Bujumbura, wo wir zu unserer Überraschung von einer großen Delegation von Klinikärzten herzlich begrüßt und empfangen wurden.
Da eine nächtliche Fahrt von Bujumbura nach Kirundo nicht empfehlenswert ist, übernachteten wir in einem Guesthouse. Nach einem gemütlichen fast europäischem Frühstück starteten wir in zwei Fahrzeugen Richtung Kirundo. Unterwegs besorgten wir uns noch Gemüse für die ersten Tage.
Auch in Kirundo hat man uns mit offenen Armen empfangen, die Unterbringung war bekannt, wir fühlten uns gleich wieder zuhause. Am nächsten Morgen machten wir uns zunächst daran, die 100 kg Instrumente, die wir mitgebracht haben, auszupacken und einzusortieren.
Hierbei lernten wir auch unsere burundischen Kollegen Joseph, Nestor, Camus und Vestine kennen. Bei unserer ersten gemeinsamen Visite stellten uns die Kollegen Patienten vor. So konnten wir für die nächsten Tage OP-Pläne erstellen, an Unfall-Opfern mit zum Teil schrecklichen Verletzungen, die auch über Wochen und Monate nicht oder nur schlecht geheilt waren, mangelte es nicht. Unser technisches Team: Ina und Günter organisierten Regale, damit die gespendeten Verbandsmaterialien nicht in angestoßenen Kisten, sondern übersichtlich (eben deutsch) gelagert werden können.
Die Morgen-Visite beinhaltete Kontrolle und Nachsorge der Vortags-OPs, Verbandsvisite, Versorgung von Brandwunden, die nicht zu operieren waren, deren Behandlung aber die Kollegen interessiert verfolgten und protokollierten.
Erfreut stellten wir fest, dass das Krankenhaus insgesamt seit unserem Besuch im Oktober 2017 deutlich sauberer (die Betten haben Bettlaken) und die Arbeitsweise strukturierter ist. Folgende Eingriffe haben wir zusammen durchgeführt: eine frische Oberschenkelfraktur mit Platte versorgt, eine Unterschenkel-Pseudarthrose angefrischt und mit Platte rekonstruiert. Leider fünf Amputationen, bzw. Teilamputationen wegen Nekrosen oder großer Defekte.
Entfernung eines Knochensplitters, der das Verheilen der offenen Wunde behinderte. Ein Mädchen mit Schlüsselbeinbruch bekam eine wunderschöne Platte, die die Kontinuität des Knochens gewährleistet. Ein Bub mit Sprunggelenksbruch in der Wachstumsfuge wurde reponiert und mit Spickdraht für 6 Wochen versorgt, so dass diese Verletzung hoffentlich auch ohne Wachstumsschäden heilt. Zwei Metallentfernungen, eine am Schienbein und eine am Unterarm und die Versorgung einer Fingerkuppe waren dann noch die einfachsten Eingriffe.
Außerdem gab es Wundversorgungen nach schweren Verbrennungen und die Mobilisation von Kontrakturen in Narkose mit Gipstutor für eine Woche. Große Freude: nach Entfernen des Gipses – fertig zum Wettrennen. Günter hat die OP-Technik aufs hervorragendste ausgebaut: das undichte Narkosegerät mit einem neuen Schlauch versehen und sowohl eine luftdruckbetriebene Bohrmaschine als auch eine Knochensäge mit einem hauseigenen Kompressor zum Laufen gebracht.
Als Wermutstropfen sei nicht verschwiegen, dass es mit der Auslieferung der Container mit unseren aktuellen Sachspenden große Probleme gab. Obwohl nur drei Tagesreisen entfernt, konnten sie erst auf massiven Druck seitens Pater Leopold aus dem Zollhafen frei bekommen werden. Am letzten Tag erreichte er Kirundo und wurde unter unserer Beteiligung entladen und sein Inhalt in einem ordentlichen Lager deponiert.
Die Nähmaschinen und Stoffe hätte Ina gern eher an die Projektleiterin für Frauenhygiene übergeben, aber immerhin sind auch sie angekommen. Geplant ist die Fabrikation von Damenbinden, die zunächst kostenlos an junge Mädchen verteilt werden sollen. Dafür sucht Alice Milanfanga Frauen, die nähen können und sich bereit erklären, für den Erhalt einer Nähmaschine 30% ihrer Zeit für die Herstellung von Damenbinden zu widmen. Alice hat dieses Projekt angestoßen und wird sich um dessen Umsetzung kümmern. Wir bleiben in Kontakt und werden berichten. Außerdem regt sie an, die Körperhygiene durch Bereitstellung von fest installierten Seifenbehältern an den Wasserstellen voranzutreiben.
Zum krönenden Abschluss haben Ina und Ralf zwei Kinder, die als Langzeitpatienten in der Klinik kaserniert waren, ausgelöst. Die Behandlung der zuckerkranken Kinder hat das Budget der Angehörigen überlastet, so dass sie nicht abgeholt werden konnten. Ihre Entlassung und Versorgung mit Insulin für das nächste Jahr ist jetzt gewährleistet.
Traurig zu berichten ist, dass Pater Leopold einen schweren Verkehrsunfall erlitten hat und eine Weile (Monate!!) krank sein wird. Allerdings ist er in einem von Schweizern betriebenen Krankenhaus untergebracht und wird nach europäischem Standard versorgt. Während wir auf die Zollfreigabe unseres Containers warteten, saßen wir im Schatten eines Pavillons vor der Unterernährten-Station. Plötzlich gesellten sich immer mehr Mütter und Kinder zu uns, begannen zu singen und zu tanzen und bescherten uns damit einen zu Herzen gehenden Abschied.
Auch in Zukunft wird es noch viel zu tun geben. Blaise hat viel sonografiert und sollte sein Wissen weitervermitteln. Unfallopfer wird es immer geben, und unser OP-Team wird gerne wieder kommen, um die Ausbildung von Joseph, Nestor und Vestine weiter voranzutreiben. Bis zum nächsten Mal! Tschüs Kirundo
Kompletter Reisebericht